Oben ist die Luft ganz dünn

von Marco Kolks

Wolfgang Last ist ein unermüdlicher Entwickler. Scheinbar gibt es in seiner Angebotspalette kaum ein Produkt, das nicht monatlich erneut auf den Prüfstand kommt. Die Mühe lohnt sich aber, denn offensichtlich gibt es immer wieder kleine Verbesserungen, die nach positiver Bewertung unverzüglich in die Serie einfließen. Schwieriger wird es jedoch, wenn in der Top-Line wie beim NF3 ein schlüssiges Ergebnis erarbeitet wurde, das vorerst den Stand der Dinge markiert. Dann streicht auch der gebür-

tige Hamburger die Segel und gibt seinen abschließenden Segen. Mit einem sympathischen Augenzwinkern sagt er mir, mehr habe er nicht drauf. Und ich weiß, ich kann mich auf etwas gefaßt machen.

Das NF3 besteht aus vielen hochreinen, sehr feinen, mit Teflon beschichteten Kupferlitzen. Durch die innere Anordnung ist es laut Wolfgang Last sechsfach geschirmt, dabei immer noch sehr biegsam und damit leicht handhabbar. Der Durchmesser inklusive der Umhüllung aus schwarzem Baumwoll-flies hat locker Fingerdicke. Da hat man richtig was in der Hand. Hohe Bedeutung mißt Wolfgang Last den Steckern bei. Er hat sich nach langem Hör-

Marathon für Cinch-Varianten mit hohem Kupfergehalt entschieden, die sich schlüssig in seine klangliche Abstimmung einfügen. Auf Wunsch ist das NF3 auch als symmetrische Verbindung erhältlich. Zum Aufbau der kleinen Korrekturglieder sagt Wolfgang Last nur so viel, daß sie sich "harmonisie-rend" auf die Wiedergabe auswirken sollen.

Kommentar

Mit dem NF3 tritt die kleine Firma Last-Cable recht selbstbewußt an, um in der Liga der ganz Großen mitzuspielen. Dort oben, wo neben professionellem Know-how immense Materialschlachten geschlagen werden müssen, um noch das letzte Fitzelchen an Klang herauszuholen, wird die Luft ziemlich dünn: Wie in allen Spitzenpositionen, überall im Leben. Wahrscheinlich hat sich Wolfgang Last auch deshalb so lange Zeit bis zur Marktreife gelassen. Nach dem Motto "Wenn schon - denn schon" soll das Säbelrasseln weithin hörbar sein.

Das NF3 verbindet meinen Trioden-Vollverstärker Simply-Unison Research mit dem Clockwork/Sony-SACD-Spieler, eine meiner seit Jahren meistgehörten Primärquellen. Zur Zeit lösen die großen Lautsprechermodelle




von Bösendorfer die Jupiter von Duevel ab, weil sie und das ACT-System von Hans Deutsch auf eine Besprechung warten. Im steten Wechsel dieser beiden Wandler habe ich die klanglichen Eigenschaften des NF3 ausgelotet, die sich dem Hörer allerdings erst nach zwei bis drei Tagen in ihrer Gänze erschließen. Besser noch ist eine Einspielphase von gut einer Woche.

Als Orientierungshilfe dient mir die aktuelle Opus3-Veröffentlichung "The Legendary Eva Taylor" (Live at the Pawnshop; 22071 SACD). Das ist klassischer Jazz der 20er Jahre, den ich so natürlich und in so guter Klangqualität noch nirgends gehört habe. Bereits nach wenigen Takten zeichnet sich ab, was nach der kompletten CD unbestritten ist: Dieses Kabel ist schnell, zeigt

viele feine Details und gibt Stimmen überaus authentisch, weil lebendig, wieder. Eva Taylor kann den Charakter ihrer mit 81 Jahren vom Leben gezeichneten Stimme nicht verleugnen. Denn das NF3 bildet nicht einfach nur ihre Stimme irgendwie ab. Es hilft mit, die ganz individuellen Eigenheiten, abhängig vom hohen Alter, nachvollziehbar herauszuarbeiten. Trotzdem bleibt der vitale Zauber dieser erfolgreichen Künstlerin erhalten und die einzigartige Atmosphäre im Jazzclub "Pawnshop" nimmt den Zuhörer gefangen. Gegen durchschnittlich gute Verbindungen setzt sich das Kabel mit einem Zu-gewinn an Durchsichtigkeit, Plastizität und Kontur deutlich ab. Es unterstützt eine großzügige Bühnendarstellung und trumpft in den unteren Frequenzen mit Kraft, Druck und Volumen auf. Langanhaltende Bässe verschwinden nicht in einer platten Undeutlichkeit, sondern werden stabil getrennt und rollen abgrundtief und sauber aus. Mich persönlich fasziniert auch der Glanz in den Höhen, der bei mir den Eindruck von mehr Frische, Farbigkeit und Offenheit erweckt, ohne über das Ziel hinauszuschießen. Also nicht zu hell, nicht zu brillant, keine Schärfe.

Im direkten Vergleich mit anderen extrem hochwertigen Kabeln ist ihnen das NF3 in Klarheit und Kontur ebenbürtig und zieht auch in der Feinzeichnung und Auflösung der Höhen gleich. Es spielt allerdings in den Mitten effektvoller, was einer persönlichen Vorliebe von mir entgegenkommt. Daraus resultiert eine höhere Griffigkeit, die ich besonders bei Rundumstrahlern wie der Jupiter von Duevel positiv werte. Wer in diesem Punkt eine etwas zurückhaltendere Abbildung wünscht, kann sich direkt an Wolfgang Last wenden. Ich weiß zwar nicht, wie er das macht, aber ich habe es hören können und es funktioniert.

Wolfgang Last ist auf Anhieb der Sprung in High-End-Kabel-Elite gelungen. Das NF3 zählt damit für mich zu den besten NF-Verbindungen, die ich kenne. Das Warten hat sich gelohnt und die Luft ist für die guten Anbieter in dieser Liga noch ein wenig dünner ge­worden. MK